Rohstoffabbau und -export: Widersprüche, Interessen und Alternativen
Koordination: Dario Azzellini, Karin Fischer und Stefan Pimmer

Unter dem Schlagwort „Extraktivismus“ oder „Neo-Extraktivismus“ hat sich vor allem in den vergangenen zwei Jahren eine Debatte über die Ausbeutung und den Export von Rohstoffen aus Lateinamerika entwickelt. Kritisiert wird insbesondere in Bezug auf die „progressiven“ Regierungen (Bolivien, Ecuador, Venezuela), aber auch in Hinblick auf Brasilien und Argentinien, dass mit der Rohstoffexportorientierung ein Entwicklungsmodell fortgeschrieben würde, das von weltwirtschaftlichen Dynamiken abhängig bleibt, der Binnenwirtschaft zu wenig Aufmerksamkeit schenkt und gravierende ökologische Zerstörungen bewirkt. Anderseits ist das Rohstoffgeschäft wichtig, um Sozial- und Verteilungspolitiken zu finanzieren. Ohne eine staatlich dominierte Aneignung der Rohstoffrenten könnten z.B. Venezuela oder Bolivien die an die Regierungen gestellten sozialen Erwartungen nicht erfüllen.

In dem Arbeitskreis geht es darum, anhand folgender Leitfragen die widersprüchlichen Verhältnisse in den verschiedenen lateinamerikanischen Staaten von Mexiko bis Chile im globalen Kontext darzulegen:

– Wie sehen die von den Regierungen verlautbarten Ansätze und Politiken bezüglich Rohstoffe, Entwicklung und Alternativen aus?

– Welche innergesellschaftlichen und transnationalen gesellschaftlichen Kräfte haben ein Interesse an einer Veränderung des Entwicklungsmodells, welche stehen dagegen?

– Welche gesellschaftlichen Konflikte werden sichtbar und wie wird damit umgegangen?

– Wer profitiert vom Rohstoffabbau und -export und wie werden die Einnahmen verwendet?

– Welche Möglichkeiten und Grenzen bestehen für eine strukturelle Veränderung des herrschenden Produktionsmodells?

– Welche gesamtwirtschaftlichen Effekte, etwa in Bezug auf Industrie- oder Währungspolitik, erwachsen aus der Rohstofforientierung?

– Welche Handelsmuster und Asymmetrien bestehen auf regionaler und globaler Ebene? Welche Auswirkungen hat der „Extraktivismus“ auf regionale Integrationsbestrebungen und globale Krisendynamiken?