Herausforderungen und Grenzen internationaler ziviler Begleitung von MenschenrechtsaktivistInnen am Beispiel Guatemalas
Valentin Franck
In Guatemala haben sich die Übergriffe auf Menschenrechtsverteidiger/innen (MRV) seit Abschluss der Friedensabkommen (1996) vervielfacht. Waren es 2000 noch 59 Übergriffe, so sind es 2011 schon 409 (UDEFEGUA). Diese Entwicklung ist Folge einer rücksichtslosen Durchsetzung staatlicher und privatwirtschaftlicher Interessen gegen den Widerstand der betroffenen Bevölkerung. Zugleich wäre die Möglichkeit eines gefahrlosen Engagements für die Menschenrechte notwendige Grundlage einer tatsächlichen Aufarbeitung der Vergangenheit sowie der Demokratisierung der guatemaltekischen Gesellschaft. Auf Grund ihrer Bedrohungssituation und der anhaltenden Straffreiheit der Täter/innen wandten sich guatemaltekische MRV im Jahr 2000 mit der Bitte um Begleitung an die internationale Zivilgesellschaft. CAREA e.V. aus Deutschland ist eine von 11 Organisationen, die sich daraufhin im internationalen Begleitprojekt ACOGUATE zusammengeschlossen haben. Die Begleitung basiert auf den Prinzipien der Gewaltfreiheit, der Nicht-Parteinahme und Nicht-Einmischung in die internen Angelegenheiten der Begleiteten. Ihr Ziel ist die Erweiterung bzw. Erhaltung des Handlungsspielraums zivilgesellschaftlicher Akteur/innen, die wegen ihres Einsatzes für Menschenrechte und soziale Gerechtigkeit Ziel von Übergriffen und Drohungen sind. Die Begleitung kann staatliche Gesetzgebungen und Maßnahmen zum Schutz von MRV nicht ersetzen, sondern übt auf internationaler Ebene öffentlichen Druck auf Regierungen und privatwirtschaftliche Akteure aus, die Sicherheit der MRV zu gewährleisten. CAREA e.V. und ACOGUATE agieren dabei ausschließlich auf Anfrage der Begleiteten. Beide Organisationen sehen ihr Engagement daher nicht als Ursprung sozialer Emanzipation, jedoch werden emanzipatorische Kräfte im Aufbau einer demokratischen, multiethnischen und plurikulturellen Gesellschaft unterstützt. Vorbereitungsorganisationen wie CAREA e.V. haben drei Arbeitsschwerpunkte: Vorbereitung von Freiwilligen, Entsendung von Begleiter/innen nach Guatemala und internationale Öffentlichkeitsarbeit.
Im Konferenzbeitrag soll die Praxis der Begleitarbeit aus den Erfahrungen von CAREA e.V. anhand aktueller Beispiele (Zeug/innenbegleitung, Begleitung im Kontext von Megaprojekten) vorgestellt werden. Der Fokus soll nicht auf den theoretischen Grundlagen der Begleitung liegen, sondern ihre praktischen Möglichkeiten und Chancen, aber auch ihre Herausforderungen und Grenzen im Alltag aufzeigen.
Valentin Franck, studiert seit 2008 Kultur, Individuum, Gesellschaft und Philosophie an der Ruhr-Universität Bochum. 2010 sechsmonatiger Aufenthalt als Menschenrechtsbeobachter mit dem Menschenrechtszentrum Fray Bartolomé de las Casas in Chiapas, Mexiko, anschließend ebenfalls sechsmonatiger Aufenthalt als Begleiter von Menschenrechtsverteidiger/innen beim internationalen Begleitprojekt ACOGUATE in Guatemala. Seit Anfang 2011 aktives Mitglied bei CAREA e.V. in Deutschland.