Im Wettlauf gegen die Moderne: Antonio Jannuzzis Wohnpolitik zwischen 1890-1930
Regina Câmara
Die Favelas entstanden in Rio de Janeiro um das Jahr 1900 herum. Zu dieser Zeit begann sich einer der erfolgreichsten Architekten Brasiliens, Antonio Jannuzzi, für eine Wohnpolitik zu engagieren, mit der er den Bau günstigen Wohnraums für Arbeiter vorantreiben wollte. Damit sollten nicht nur deren Wohnqualität verbessert und bezahlbare Unterkünfte nach belgischem oder englischem Vorbild geschaffen, sondern vor allem die Ausbreitung der Favelas verhindert werden. An dem heutigen Stadtbild Rios lässt sich erkennen, dass diese Politik nicht umgesetzt wurde. Weder Jannuzzis jahrelanges Engagement noch seine Bauten sind bis in die Gegenwart erhalten geblieben.
Anhand der Veröffentlichungen Jannuzzis lässt sich nachvollziehen, wie sich die Debatte um „öffentlichen Raum“ in Rio de Janeiro zwischen 1890 und 1930 gestaltete und welche Akteure daran beteiligt waren. Es lassen sich wichtige Wohn- und Baukonzepte, ebenso wie Stadtplanungsentwürfe und deren Umsetzungen rekonstruieren. Vor allem stellt sich hier die Frage, wie Jannuzzi den Bau von Arbeiterhäusern rechtlich, unternehmerisch und urbanistisch gestalten wollte und wieso er mit seinem Vorhaben scheiterte. Gleichzeitig lässt sich auf das Konzept von „öffentlichem Raum“ zu Zeiten Jannuzzis rückschließen.
Regina Câmara, Dr.in, Promotion im Fach Geschichte über das Cinema Novo an der Universität Hamburg, Lehraufträge an den Universitäten Potsdam und Brasília, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Historischen Seminar der Universität Hannover, Kuratorin zahlreicher Filmreihen (Arsenal, Berlin/ Metropolis, Hamburg/ Zeughauskino, Berlin etc.). Archivrecherchen in Rio de Janeiro zu Antonio Jannuzzis Wohnpolitik, finanziert vom Historischen Seminar der Universität Hannover. Aus familiären Gründen seit 2011 in Wien, im SS 2012 Lehrauftrag am Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaften der Universität Wien, Planung einer Habilitation über den Autorenfilm.
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